Es war schon ziemlich heftig, was eine Kinderkrankenschwester in einer SMS an eine Kollegin schrieb. Darin war von „Arschloch“, „kotzen“ und „faule Sau“ die Rede. Der Arbeitgeber nahm das zum Anlass, um der Mitarbeiterin außerordentlich und fristlos zu kündigen. Hilfsweise ordentlich. Die Krankenschwester zog jedoch vor Gericht. Es habe ein legerer Ton geherrscht. Außerdem habe sie mit der SMS lediglich Kritik äußern wollen. Dass dies misslungen sei, tue ihr Leid, sie habe sich für den „Ausrutscher“ entschuldigt. Außerdem hätte der Arbeitgeber sie zunächst abmahnen müssen und könne ein 20 Jahre lang dauerndes Arbeitsverhältnis nicht „einfach so“ beenden. Darüber musste das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in zweiter Instanz entscheiden.
Die klagende Kinderkrankenschwester war seit mehr als 20 Jahren in einer Einrichtung der Caritas beschäftigt. Aufgrund der Allgemeinen Vertragsrichtlinien (AVR-Caritas) konnte ihr nicht ordentlich gekündigt werden.
„Hi Arschloch“
Am Abend des 30. September 2014 versandte die Klägerin (nach vorherigem Alkoholgenuss) an eine Arbeitskollegin (O.S.) eine SMS mit folgendem Inhalt: „Hi Arschloch. Meine liebe I. könnt sich heute noch bekotzen, dass du sie umarnt hast u. dich verabschiedet hast! Der L. kam auf mich zu wegen Hygiene, habe gesagt dass du bereit warst Tuberkulose ins Haus einzuschleppen, und du gendrell 5 Kinder aus Feinheit nicht betreut hast. Er hat mich um HYGIENe Gebeten, ich konnte ihn die faule Sau O.S.sagen“.
Wegen dieser SMS hatte der beklagte Arbeitgeber außerordentlich gekündigt, hilfsweise ordentlich.
Wichtiger Grund lag vor
Für eine außerordentliche Kündigung muss ein wichtiger Grund vorliegen, der es dem Arbeitgeber unzumutbar macht, den Arbeitnehmer bis zum Ende der Frist einer ordentlichen Kündigung weiterzubeschäftigen (§ 626 Abs. 1 BGB).
Das Gericht beruft sich bei seiner Beurteilung auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts. Danach können grobe Beleidigungen von Arbeitskollegen, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten, einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen. Sie rechtfertigen deswegen – zunächst ohne Berücksichtigung der besonderen Umstände – eine außerordentliche und fristlose Kündigung. Der Arbeitnehmer kann sich nicht erfolgreich auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung berufen.
Keine Abmahnung notwendig
An sich muss der Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen, wenn der Arbeitnehmer sein Verhalten steuern kann. Das ist allerdings dann nicht notwendig, wenn der Arbeitnehmer annehmen muss, dass der Arbeitgeber sein Verhalten als nicht so gravierend ansieht. Dafür sah das Gericht jedoch keinen Anhaltspunkt. Eine Abmahnung war also nicht notwendig.
Hinzu kommt, dass bereits ein Jahr zuvor einschlägig abgemahnt worden war. Sie hatte die Gruppenleiterin unstreitig als „linke Bazille“ bezeichnet und damit beleidigt.
Irreparable Zerstörung des Betriebsfriedens
Wie immer ist bei einer Kündigung abschließend eine Interessensabwägung vorzunehmen. So sprach zugunsten der Klägerin deren lange Betriebszugehörigkeit von fast 20 Jahren.
Demgegenüber steht jedoch, dass ein Arbeitgeber schwerwiegende Beleidigungen unter seinen Beschäftigten „schlichtweg nicht dulden kann“, so das Gericht. Überdies war das Fehlverhalten der Klägerin geeignet, den Betriebsfrieden irreparabel zu zerstören.
Den vorherigen Alkoholgenuss ließ das Gericht nicht als Entschuldigung durchgehen.
Fazit: Die Kinderkrankenschwester hatte mit ihrer Kündigungsschutzklage keinen Erfolg. Die außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers war gerechtfertigt.
Referenz: Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 2016, Az. 4 Sa 350/15