Die Pflegekraft eines ambulanten Pflegedienstes hatte falsche Angaben bei der Zeiterfassung gemacht. Außerdem soll sie eigenmächtig die Touren geändert haben, um dadurch günstigere Arbeitspausen einlegen zu können. Bei einem Personalgespräch droht der Arbeitgeber ihr die Kündigung und eine Strafanzeige – wenn sie nicht einen Aufhebungsvertrag unterschreibt. Sie hat das dann zwar gemacht, den Vertrag aber angefochten. Sie sei bedroht worden. Konnte sie damit vor Gericht durchkommen?
Wem widerrechtlich gedroht wurde, der kann eine Willenserklärung anfechten (§ 123 Abs. 1 BGB). Damit wird diese nichtig. Damit wäre der Aufhebungsvertrag vom Tisch.
Gedroht hatte der Arbeitgeber durchaus – nämlich mit der Kündigung und einer Strafanzeige. Aber war das auch widerrechtlich?
Die Darlegungs- und Beweislast trägt in einem solchen Fall der Anfechtende, also die Pflegekraft. Sie muss darlegen und beweisen, dass ein verständiger Arbeitgeber in einer solchen Situation eine Kündigung und eine Strafanzeige nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte.
Hier hat sich zumindest der dringende Verdacht des Arbeitszeitbetrugs im Prozess bestätigt. Außerdem hatte die Pflegekraft den Vortrag des Arbeitgebers lediglich bestritten, ohne dass sie ihm konkret etwas entgegengehalten hätte. Sie hätte genau vortragen müssen, weshalb die Aussagen der Zeugen bzw. die Feststellungen des Arbeitgebers nicht der Wahrheit entsprachen.
Also: Die Darlegungs- und Beweislast ließ das Pendel zulasten der Pflegekraft ausschlagen. Es lag mithin keine widerrechtliche Drohung vor. Die Anfechtung war unwirksam, der Aufhebungsvertrag hatte Bestand.
Referenz: Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20.1.2016, Az. 4 Sa 180/15